Szenenfoto

Ereignis21 – Ausstellungstermin & Film

Roland Wirtz fasst seine Bilder als Ereignisse auf. Der Berliner Fotograf hat mit seiner Plattenkamera direkte Langzeitbelichtungen von Fussball-Events hergestellt. Die Bilder zeigen jeweils das komplette Spiel. Jedes einzelne Bild erfordert eine sehr lange, manchmal monatelange Vorbereitungszeit. Sein aktuelles Ereignis, das Champions League Finale im Luzhniki Stadion in Moskau, wird hier mit einem Link zum Making Of und mit Szenenfotos angekündigt.

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Einen kurzen Film über die Entstehung der aktuellen Arbeit von Roland Wirtz finden Sie im WEB unter der Adresse: www.ereignis21.de

Aktuelle Ausstellungen:

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brot.undspiele galerie

Ereignis 21

01.11.2008-28.11.2008
Vernissage 31.10.2008, 19 Uhr
Gartenstrasse. 2 10115 Berlin

Kunstverein Roter Pavillon

Ereignis 19

08.11.2008-04.12.2008
Vernissage 07.11.2008, 19 Uhr
Am Kamp 18209 Bad Doberan

Finisage

04.12.2008, 19 Uhr

Hochzeit zwölf Stunden belichtet

Ein Hochzeitsgeschenk der besonderen Art hat der Berliner Fotograf Roland Wirtz anlässlich der Hochzeit von Norbert Corsten und Ulrike Zimermann in Spa/B gemacht. Vor der Hochzeitslocation, dem Château des Sorbiers stellte Wirtz seine ein x ein Meter Kamera auf und belichtete das Treiben rund um die Hochzeit von Ausgang der Dämmerung bis in die frühen Morgenstunden. Die Belichtung erfolgte direkt auf Ilfochromepapier.

Der Erbauer dieser Kamera ist Norbert Corsten – hier beide im Bild. Roland Wirtz arbeitet aktuell auch mit um das zweieinhalbfache größeren Kameras. Seine Langzeitbelichtungen stellen einengende Erwartungen an Fotografie in Frage; – der eindeutig identifizierbare Zeitausschnitt, der dem fotografischen Bild immanent zu sein scheint, ist hier nicht mehr existent. Eröffnet wird andererseits ein sinnliches Erlebnis von Abbildungsschärfe, dass eine besondere Erfahrung der Raumbeziehung ausgestellter Arbeiten evoziert. Die aus der Distanz zunächst scheinbar schnell erkennbaren Bilder entfalten bei Annäherung unendlich viele, scharfe, unerwartete Details – bis hin in den “mikroskopischen Bereich” hinein. Roland Wirtz versteht seine fotografische Arbeit als Erschaffung von “Skulpturen oder Monumenten”.
Eine Reflexion über das Phänomen der Zeit in der Fotografie drängt sich dem Betrachter jedoch unwillkürlich auf.

BILDGALERIE

LOOK  Foto: MS
CHATEAU  Foto:MS
BAND 2  Foto: MS
schloss 1 - Foto: Katharina Mayer
BAND 1  Foto: MS
chateau  Foto:MS

Berlin, Olympiastadion

immediatus

In seiner Werkgruppe immediatus zeigt Roland Wirtz Langzeitbelichtungen von Ereignissen. Die Belichtung der Ereignisse erfolgt direkt in der Kamera auf Fotopapier. Das Ergebnis: fotografische Unikate, bei denen die Unmittelbarkeit der Abbildung eine übergeordnete Rolle spielt.

Schon wenn Roland Wirtz seine Kamera aufbaut, ist dies ein Ereignis. Speziell für seine Arbeiten wurde eine Kamera mit einem Aufnahmeformat von 1,27m x 2,20m konzipiert und gebaut. Es ist das maximal Mögliche – nur begrenzt von der Verfügbarkeit des Materials und dem Bildkreis der Optik. Die Langzeitbelichtung erfolgt direkt auf Fotopositivpapier. Es gibt daher immer nur eine Möglichkeit der Aufnahme. Denn kein Ereignis, in dem sich das Leben hoch emotional verdichtet, ist wiederholbar, und jedes gibt die Dauer der Belichtung vor.

Die Größe der Bilder und die gewählte Technik sind von entscheidender Bedeutung. Raum und Zeit, Architektur und die sich darin bewegenden Menschen – getrieben und in ihrem Handeln geleitet von dem Ereignis – werde unmittelbar verdichtet. Kein Negativ, keine Computerleistung, kein Korn, kein Pixel, tritt im Werk zwischen Bild und Betrachter. Das Ereignis selbst schreibt sich unmittelbar auf das Trägermaterial. Die Hand des Künstlers kann nur die Perspektive auf sein Motiv beeinflussen. Und genau hier vermischen sich durch die Wahl der Technik und des Motivs dokumentarischer und künstlerischer Charakter der Fotografie in einer neuen Weise. Geschaffen wird ein reiner Bildraum, der gewährleistet, dass auch das Detail seine »Geschichte« erzählen kann; das Kleinste tritt neben das große Ganze.

Die geschaffenen Arbeiten sind nah und fern zugleich, denn die Zeit spielt ihre Rolle aus. Die materielle Welt wird verfestigt. Menschen hingegen lösen sich in Schatten und Farben auf. Ihre Existenz wird aber nicht negiert oder ausgeschlossen; denn sie verschwinden nicht völlig. Vielmehr wird ein Kern des Lebens, nämlich seine Dynamik, deutlich. Der Künstler und das Ereignis bestimmen das Bild. Im Werk manifestiert sich das Ereignis mit seinem vorbestimmten Anfang und Ende sowie mit seinem ungewissen Verlauf.

»immediatus« – »Unmittelbarkeit«: Die so entstehenden Bilder machen das Leben in seiner Vielschichtigkeit deutlich, denn die einmaligen Originale haben eine besondere Kraft – sowohl durch ihre bildhafte Erscheinung, d.h. als Präsenz des Wesens eines Ereignisses, als auch durch dessen Schein in der formalisierten Umsetzung. Die Bilder sind keine bloßen fotografischen Dokumente, sondern im Dialog viel mehr. Im Zeitalter digitaler Medialisierung und technisch unendlichen Möglichkeiten der Reproduzierbarkeit, schaffen die Werke von Roland Wirtz so eine neue Authentizität durch kompromisslose Unmittelbarkeit.

Martin Schmidt

Für Roland Wirtz

Ein paar Gedanken anlässlich eines Hochzeitsfotos von Roland Wirtz

Fotografischer Anachronismus?
nostalgische Anwandlung im Hinblick auf eine verlorene Technik?
Was ist Fotografie?
die Faszination des fotografischen Details

Vom Ursprung eines Mediums

Licht – Bezüge zu Hiroshi Sugimoto

die Zeit als fotografisches Phänomen

Dass Jemand in Zeiten des fotografischen Zeitraffers sich der fotografischen Zeit – Lupe annimmt, erscheint mir allzu nachvollziehbar. Selbst als Fotografin mitten in diesem Prozess stehend, fühle ich mich manchmal wie Justicia, die ihre Waagschalen täglich wiegt. In der einen Schale die Faszination am digitalen Fortschritt, an den schell entstehenden und schnell verfügbaren Bildern und in der anderen Schale die Faszination am Ursprung der Bilder des Mediums Fotografie. Sie ist inzwischen Kulturtechnik geworden , so wie das Schreiben oder Bügeln.
Die Wurzeln der Fotografie waren schon immer vielschichtig und daher gibt es keine Radikalität dieses Mediums, nur eine der Benutzer. Und wenn ein Mensch wie Roland Wirtz sich einen fotografischen Aufbau leistet, wie ihn sich die ersten Fotografen im 19. Jahrhundert leisten mussten, weil es nicht anders ging, dann tut er das nicht deshalb, weil er Einer von gestern sein möchte. Ich glaube er tut es, weil er sich mit Bildern auseinandersetzt. Es geht ihm um das, was Jullien in seinem Buch „Das grosse Bild hat keine Form“ zum Ausdruck bringen möchte: Die Prozesshaftigkeit von Formen und Grenzen.
Das Phänomen der Zeit kommt im fotografischen Prozess hinzu und siehe da: alles in allem endet es in der Auflösung, im Nichts.

Das Hochzeitsfoto in spe wird nicht Nichts sein: im Gegenteil. Diese mehrstündige Langzeitbelichtung trägt die Bewegungen all derer in sich, die sich in dieser Zeitspanne irgendwie dem Objektiv gezeigt haben . Sichtbar sind sie nicht. Aus diesem Grund frage ich mich, was hier eigentlich zur Erinnerung werden wird.
Auf jedem Foto werden Dinge zu Erinnerungen und wie Roland Barthes sagte: Ein Foto beschwört Erinnerungen und blockiert sie zugleich.
Das Hochzeitsfoto wird von der „interaktiven“ Erinnerung weglenken auf einen kleinen Schimmer, vielleicht und das hoffe ich sehr: das Bild an sich als Zauber des Zaubers.

Katharina Mayer , September 2008

Post Scriptum:
Das muss ich noch sagen: als ich unter dem schwarzen Tuch das Schloss auf der
Mattscheibe sah, mischte sich in meinem Kopf unmittelbar ein andres Bild hinzu, eines dieser fantastischen, wegweisenden Ur – Fotobilder von Hippolyte Bayard, welches ihn selbst im Jahre 1844 als Ertrunkener zeigt.